Grundlagen zur Schallerzeugung
Kleine Luftdruckänderungen, die dem statischen Luftdruck überlagert sind, erzeugen Schall. Er breitet sich im Medium Luft mit einer konstanten Schallgeschwindigkeit C von ca. 340 m/s wellenförmig aus. Der menschliche Hörsinn kann Luftschall im Frequenzbereich von ca. 16 Hz bis ca. 20 Khz wahrnehmen. In der Natur wird Schall durch Bewegung erzeugt. Dies kann durch einmalige Ereignisse, z.B. Donner infolge eines Blitzes oder kontinuierliche Ereignisse passieren, z.B. Wasserplätschern, Regenprasseln oder Blätterrauschen. Weitere Beispiele für natürlich erzeugten Schall sind Tierlaute, Stimme oder Instrumente.
Schallereignisse teilt man in folgende Gruppen ein: Töne, Klänge, Geräusche, Knalle.
Schallerzeugung durch elektroakustische Wandler
Zur Wiedergabe von Sprache oder Musik ist es notwendig ein elektrisches Signal in ein akustisches Signal umzusetzen. Hierzu werden mittels einer angetriebenen Membran Luftdruckschwankungen erzeugt. Verschiedene elektroakustische Wandlerprinzipien werden hierzu verwendet. Am weitesten verbreitet ist das Prinzip des elektrodynamischen Lautsprechers, bei dem die Kraft für den Antrieb der Membran durch einen vom Signalstrom durchflossenen Leiter in einem Magnetfeld erzeugt wird.
Der klassische, elektrodynamische Lautsprecher funktioniert nach dem Tauchspulenprinzip. Dieses Prinzip liegt den üblichen Konus- und Kalottenlautsprechern zugrunde und beruht darauf, daß auf einen zur Spule (Schwingspule) aufgewickelten, stromdurchflossenen Leiter in einem ringförmigen Magnetfeld B die sogenannte Lorentz-Kraft F wirkt. Das Magnetfeld wird meist durch einen Ferrit- oder Neodymmagneten erzeugt.
Die Membran ist fest mit der Schwingspule verbunden und in axialer Richtung beweglich. Sie ist durch Sickenrand und Zentrierspinne geführt. Bei Kraftwirkung auf den Schwingspulendraht verschiebt die Membran die vor ihr befindliche Luft.
Wird die Schwingspule von einem Wechselstrom durchflossen erzeugt die Membran durch Verdichtung und Verdünnung der Luft einen Wechseldruck, den das Ohr als Schall wahrnimmt.
Das Bild zeigt einen Konuslautsprecher mit seinen Komponenten im Schnitt. Dieser Lautsprechertyp hat seinen Namen durch die konusförmige Membran, die aus Papier, Kunststoff, Leichtmetall oder Verbundmaterialien besteht.
Bedingt durch die frequenzabhängige Ankopplung der Membranbewegung an die Luft, müssen zur Wiedergabe tiefer Frequenzen relativ große Luftvolumina verschoben werden. Daher findet man als Tieftonlautsprecher Wandler mit großen Membranflächen und Aufhängungen, die viel Membranhub ermöglichen.
Mit zunehmender Frequenz (abnehmender Wellenlänge) können die Membranen kleiner werden. Daher werden zur Wiedergabe des Hochtonbereiches häufig kleine Tauchspulenlautsprecher mit Kalotten- oder Ringmembran verwendet. Die Membrandurchmesser bei derartigen Hochtonlautsprecher liegen im Bereich 15 mm bis 40 mm.
Wie bereits erwähnt, erfordert die Wiedergabe des tieffrequenten Bereichs tendenziell großflächige Membranen, die Wiedergabe des Hochtonbereichs hingegen eher kleine Membranflächen. Üblicherweise lassen sich diese gegensätzlichen Forderungen nicht in einem Lautsprecher vereinigen, so daß zur breitbandigen Übertragung des Audio-Frequenzbereichs ein System mit mindestens zwei Wandlern benötigt wird.
Schallausbreitung: Schallgeschwindigkeit, Frequenz, Amplitude, Wellenlänge
Mechanische Schwingungen einer Schallquelle rufen in der umgebenden Luft periodische Verdichtung und Verdünnung der Luftteilchen hervor. Diese Druckschwankung pflanzen sich als Longitudinalwelle fort. Die Luftmoleküle bewegen sich dabei um eine Ruhelage. Im Trägermedium breitet sich die Druckwelle mit einer charakteristischen, konstanten Fortpflanzungsgeschwindigkeit (Schallgeschwindigkeit) aus. In Luft ist die Schallgeschwindigkeit C = ca. 340 m/s.
Die Frequenz der Schallwelle gibt die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde an. Eine Schwingung bedeutet, daß sich das Luftmolekül einmal den Bewegungszyklus durchläuft (Ruhelage-Maximum-Minimum-Ruhelage). Die Einheit der Frequenz f ist Hertz (Hz).
Die Amplitude A bezeichnet den Maximalwert der Teilchenauslenkung.
Zu jeder Frequenz f gehört eine Wellenlänge λ, die durch folgende Beziehung von Schallgeschwindigkeit und Frequenz gegeben ist:
λ = C/f
Die Wellenlänge λ gibt den Abstand zweier benachbarter Teilchen an, die den gleichen Schwingungszustand besitzen. (gleiche Auslenkung und gleiche Bewegungsrichtung)
Tiefe Frequenzen haben großen Wellenlängen, hohe Frequenzen haben kleine Wellenlängen.
Beispiele für die Wellenlängen bei Luftschall:
– 100 Hz: Wellenlänge ca. 3,40 m
– 1000 Hz: Wellenlänge ca. 34,0 cm
– 10000 Hz: Wellenlänge ca. 3,40 cm
Amplitude A, Wellenlänge λ
Fast alle akustischen Effekte sind frequenzabhängig und damit auch wellenlängenabhängig. Zum Verständnis der Effekte bei der Schallabstrahlung ist das Denken mit dem Begriff der Wellenlänge hilfreich.
Interferenz, Reflektion, Beugung
Von einer Punktschallquelle, die ungestört durch Gegenstände oder begrenzende Flächen im Freifeld abstrahlt, breitet sich die Schallwelle kugelförmig aus. Ist dies nicht der Fall wird die kugelförmige Ausbreitung durch wellenlängenabhängige Effekte Interferenz, Reflektion und Beugung gestört. Allein die Mindestabmessungen einer realen Schallquelle lässt diese Effekte schon auftreten.
Interferenz tritt auf, wenn sich zwei Schallwellen gleicher Frequenz überlagern. Bei einer Lautsprechermembran ist dies schon durch die Abmessungen selbst gegeben. Der Schall wird von vielen Punkten auf der Membran produziert, was dazu führt, daß vor allem unter Winkel Interferenzen auftreten.
Prinzipdarstellung des Gangunterschiedes dS, zweier an den Membranrändern gedachten Schallquellen.
Ist dS= (2n+1)*λ/2 löschen sich die Schallanteile aus, ist dS= n*λ addieren sich die Anteile
Von Reflektion ist die Rede, wenn eine Schallwelle auf ein im Verhältnis zur Wellenlänge großes Hindernis trifft und dort nach den Reflektionsgesetzen Einfallswinkel = Ausfallswinkel reflektiert wird. Reflektionserscheinungen teilt man je nach zeitlichem Eintreffen am Ohr nach dem Direktschall ein in frühe Reflektionen, Nachhall und Echo. Ein Echo als getrenntes verzögertes Schallereignis empfindet das menschliche Ohr erst ab Verzögerungszeiten von > 0.1 s. Hierzu ist ein Abstand der reflektierenden Fläche von mehr als 17 m (entspr. Schallumweg von 34 m) erforderlich. In normalgroßen Hörräumen ist mit Echo nicht zu rechnen.
In Abhörräumen zeigen sich Reflektionen an den raumgebrenzenden Flächen in Form früher Reflexionen und Nachhall die nicht getrennt vom Direktschallanteil wahrgenommen werden. Sie erhöhen die vom Hörer empfundene Lautstärke und bewirken räumliche Darstellung.
Aber auch an kleinen Flächen z.B. der Schallwand eines Lautsprechergehäuses finden sich Reflexionseffekte. Höhere Frequenzen (kleinere Wellenlängen) werden an der Gehäusefront reflektiert, wodurch dann halbkugelförmige Abstrahlung erfolgt. Tiefe Frequenzen (große Wellenlängen) werden kugelförmig abgestrahlt (der Schall wird um das Gehäuse gebeugt). (siehe auch 2.3 Abstrahlverhalten von Lautsprecherboxen)
Beugung findet statt, wenn die Schallwelle, die sich von der Quelle ausgehend kugelförmig ausbreitet, auf ein Hindernis trifft. Hierbei ist es so, daß Beugungseffekte (auch Diffraktion genannt) dann auftauchen, wenn die Größe des Hindernisses in der Größenordnung der Wellenlänge liegt. Ist die Wellenlänge deutlich größer, wird der Schall fast ohne Beeinflussung der Ausbreitung um das relativ gesehen kleine Hindernis herumgebeugt. Ist die Wellenlänge deutlich kleiner als das Hindernis findet hauptsächlich Reflektion statt und nur an den Kanten des Hindernisses kommt es zu Beugungseffekten. Wellenlängen des hörbaren Schalls liegen im Bereich von 1,7 cm (20 Khz) bis 21 m (16 Hz). Diese Größenordnung gilt es zu betrachten, wenn man sich verdeutlichen möchte, welche Schallanteile aufgrund ihrer Wellenlänge um Hindernisse gebeugt oder an ihnen reflektiert werden.
Abstrahlverhalten von Lautsprecherboxen
Inwieweit Schall gerichtet abgestrahlt wird, ist von der Größe der Schallquelle, der Schallwandgeometrie, bzw. Schallführungsgeometrie und maßgeblich von der Wellenlänge abhängig. Ist die Schallquelle und/oder die Schallwand klein im Vergleich zur Wellenlänge, wird die Schallwelle um die Quelle gebeugt und es findet für diese Frequenzen weitgehend kugelförmige Abstrahlung statt. Höhere Frequenzen werden durch Reflexions-, Beugungs- und Interferenzeffekte so beinflusst, dass eine gerichtete Abstrahlung stattfindet. Das bedeutet, daß eine Lautsprecherbox zu höheren Frequenzen hin unter Winkel einen mehr oder weniger gleichmäßig abfallenden Schalldruck produziert.
Schalldruckfrequenzgänge einer 2 Wege- Box mit 17 cm Tief-Mitteltonlautsprecher
und 25 mm Hochton-ringradiator in der Horizontalen unter Winkel von 0°, 15°,
Bei üblich konstruierten Lautsprechern (hier 2 Wege LS mit TT unten und HT oben) ist das Verhalten unter Winkel in der Horzontalen rechts/links symmetrisch. In der Vertikalen ist es jedoch anders als in der Horizontalen und nach oben/unten zudem noch unsymmetrisch.
Schalldruckfrequenzgänge einer 2 Wege-Box mit 17 cm Tief-Mitteltonlautsprecher
und 25 mm Hochtonringradiator in der Vertikalen unter Winkel von 0°, 15°, 30° u. 45° nach unten
Schalldruckfrequenzgänge einer 2 Wege-Box mit 17 cm Tief-Mitteltonlautsprecher
und 25 mm Hochtonringradiator in der Vertikalen unter Winkel von 0°, 15°, 30° u. 45° nach oben
Bei üblich konstruierten Lautsprechern (Tieftöner, Mitteltöner und Hochtöner in vertikaler Ausrichtung übereinander angeordnet) ist dieses Schalldruckverhalten unter Winkel typisch. In der Horizontalen ist es recht gut, in der Vertikalen sehr unausgewogen.
Verursacht wird dies durch Interferenzen, die durch den Abstand von Tiefmittel- und Hochtöner bedingt sind. Im Übernahmebereich (in dem beide Treiber die gleichen Frequenzen abstrahlen) entstehen unter Winkel Wegunterschiede (im folgenden Bild als dS bezeichnet), die zu Schallauslöschungen führen.
Schallwegunterschied (Gangunterschied) von Tiefmittelton- und Hochtonlautsprecher
bei einer typischen 2 Wege-Box. Wegunterschied dS bei einem vertikalen Abhörwinkel von 15° nach oben
Durch die Größe der Lautsprecher (Durchmesser) die Abstände der Lautsprecher zueinander, die Verwendung mehrerer Lautsprecher (z. B. in symmetrischen Anordnungen), die Anzahl der Wege, die Wahl der Übernahmefrequenzen und der Filtersteilheiten lassen sich vielfältige Abstrahlcharakteristiken einstellen.
Direkter und indirekter Schall: Direktschallfeld, Diffusschallfeld
Wird ein Lautsprecher nicht im Freifeld sondern in einem Raum betrieben (was üblicherweise der Fall ist) gelangen nicht nur die Schallanteile zum Hörer, die der Lautsprecher direkt selbst abstrahlt (Direktschall) sondern auch die Schallanteile, die als reflektierte Anteile der raumbegrenzenden Wandflächen den Weg zum Ohr finden. Dieser Schall wird als indirekter Schall oder Nachhall bezeichnet und bildet das sogenannte Diffusschalfeld. In diesem Zusammenhang trifft man auch auf den Begriff des Hallradius. Der Hallradius ist der Abstand zur Schallquelle, bei dem die Schalldruckpegel des Direktschallfeldes und des Diffusschallfeldes gleich groß sind. Innerhalb des Hallradius überwiegt der Direktschallanteil, außerhalb der Diffusschallanteil. In stark absorbierenden Räumen ist der Hallradius groß, der Direktschallanteil bestimmt in dem Fall den Klangeindruck deutlich stärker als in halligen Räumen.
Im Freifeld nimmt der Pegel im Schallfeld mit der Entfernung stetig ab. Bei kugelförmiger Abstrahlung gilt: Verdopplung des Hörabstandes bedeutet 6 dB Pegelabnahme. Dies ist in Räumen oder bei stark gerichteter Abstrahlung nicht so. Hier gibt es viele Effekte, die den Pegel an der Hörposition bestimmen. Der Diffusschallanteil, der dies maßgeblich beeinflusst, ist sehr stark vom Rundstrahlverhalten des Lautsprechers (dem Schalldruckverhalten des Lautsprechers unter Winkel vertikal und horizontal) sowie vom Absorptionsverhalten der Wandflächen des Hörraumes abhängig.
Man stelle sich eine Lautsprecherbox vor, die ein sehr lineares Schalldruckverhalten auf Achse (0°) und ein sehr gleichmäßig abfallendes Verhalten unter Winkel hat. Wird dieser Lautsprechers nun in einen Raum betrieben, der ein sehr inhomogenes Absorptionsverhalten hat (z. Bsp. im Hochtonbereich stark absorbierend ist und im Mitteltonbereich fast nicht absorbiert) wird der Diffusschall dafür sorgen, daß wir einen stark mittenbetonten Klangeindruck haben.
Die gleichmäßige Absorption des Raumes über alle Frequenzen in Verbindung mit Lautsprechern, die ein homogenes Rundstrahlverhalten besitzen, ist notwendige Voraussetzung für einen ausgewogenen Höreindruck. In der Planung und Ausführung muß beidem die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt werden!
Nachhall, Nachhallzeit
Wird mit einem Lautsprecher ein Raum beschallt, trifft zuerst der Direktschallanteil am Hörpunkt ein. Der Direktschall trifft aber auch die raumbegrenzenden Flächen, wird dort reflektiert und erreicht dann als Frühe Reflektion den Hörpunkt. Jede Reflektion bildet danach sozusagen eine neue Schallquelle im Raum, zeitlich verzögert und mit verringertem Pegel, deren Schall wiederum an den anderen Raumflächen reflektiert wird und erneut Schallquellen bildet. Die Anzahl der Reflektionen steigt sehr schnell exponentiell an und bildet das Nachhall- oder Diffusschallfeld.
Zeitlicher Verlauf des Schallfeldes in einem Raum nach der Einschallung eines einmaligen Schallereignisses (z. B. Klatschen oder Knall).
Das diffuse Schallfeld baut sich nach dem Beenden der Einschallung innerhalb einer bestimmten Zeit wieder ab. Die Zeit, in der der Diffusschallpegel um 60dB gefallen ist, wird als Nachhallzeit RT60 bezeichnet (RT steht dabei für Reverberation Time).
Nachhallzeiten von Räumen werden meist in Oktav- oder Terzfrequenzbändern über den Hörbereich dargestellt und am besten durch Messungen mit einem Akustikmesssystem ermittelt.
Beispiel einer Nachhallzeitmessung mit dem Messsystem CLIO an einem akustisch
weitgehend optimierten Raum vor Installation von Tiefton- und Grundtonabsorber
Die Nachhallzeit eines Raumes kann auch näherungsweise rechnerisch bestimmt werden. Hierzu werden die Formeln von Sabine oder Eyring verwendet.